Identifizierung neuer Kandidatengene der autosomal-rezessiven Entwicklungsverzögerung und Intelligenzminderung

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Zitierfähiger Link (URI): http://hdl.handle.net/10900/117318
http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:bsz:21-dspace-1173188
http://dx.doi.org/10.15496/publikation-58693
Dokumentart: Dissertation
Erscheinungsdatum: 2021-07-27
Sprache: Deutsch
Fakultät: 4 Medizinische Fakultät
Fachbereich: Medizin
Gutachter: Rieß, Olaf (Prof. Dr.)
Tag der mündl. Prüfung: 2021-06-14
DDC-Klassifikation: 610 - Medizin, Gesundheit
Lizenz: http://tobias-lib.uni-tuebingen.de/doku/lic_mit_pod.php?la=de http://tobias-lib.uni-tuebingen.de/doku/lic_mit_pod.php?la=en
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Inhaltszusammenfassung:

Neurologische Entwicklungsstörungen treten schon in der Kindheit auf und sind ein lebenslanger Zustand, der die Patienten, ihre Familien und die Gesellschaft durch öffentliche Dienstleistungen vor viele Herausforderungen stellt. In den letzten Jahren ermöglichten neue Technologien große Fortschritte bei der Entdeckung neuer genomischer Anomalien, die zu Entwicklungsverzögerung und Intelligenzminderung führen, darunter vor allem die Next Generation Sequenzierung (Nemoto et al.). Doch obwohl Fortschritte in der Genotypisierung und Sequenzierungstechnologie die Entdeckungsrate von Genen für Intelligenzminderung beschleunigt haben, bleiben immer noch viele Gene unentdeckt. Autosomal-rezessive Varianten spielen hierbei eine wichtige Rolle, da rezessive Varianten in heterozygoter Form in der Bevölkerung unentdeckt bleiben können. Ziel dieser Arbeit ist die Identifizierung neuer Kandidatengene der autosomal-rezessiven Entwicklungsverzögerung und Intelligenzminderung. Im Rahmen dieser Arbeit wurden 77 iranische Familien mit von Entwicklungsverzögerung und Intelligenzminderung betroffenen Kindern untersucht. Bei jeweils einem betroffenen Kind pro Familie wurde eine Exomsequenzierung mittels NGS durchgeführt. In jedem sequenzierten Exom wurde nach möglicherweise krankheitsverursachenden Punktmutationen und CNVs gesucht. Die identifizierten Varianten wurden nach bestimmten Kriterien priorisiert und die Validierung der Varianten sowie die Segregation innerhalb der Familien wurden mittels Sanger-Sequenzierung überprüft. Auf diese Weise konnten in 7 Familien in der Literatur bereits vorbeschriebene Varianten in den Genen PAH, B4GALNT1, SCN1A, UBE3A, L3HGDH, sowie AGA identifiziert werden. In 11 weiteren Familien wurden bisher in der Literatur noch nicht beschriebene Varianten in den bereits etablierten Genen KIAA0556, CENPJ, SPG20, LAMA1, CC2D2A, SNX14, RDH11, GBA2, VPS13B und PC identifiziert. Außerdem wurden Varianten in den zwei Kandidatengenen TTC5 und SYNJ2 entdeckt. TTC5 stellt eine stressabhängige Komponente des p300-CBP-Koaktivator-Komplexes dar und reguliert und vermittelt dessen Zusammenbau. Varianten in den Genen p300 und CBP, die für die zwei Koaktivator- Komponenten des Komplexes kodieren, sind mit einen Rubinstein-Taybi-Syndrom assoziiert worden. Im TTC5-Gen wurden bisher erst zwei Varianten in einer Publikation von Hu et al. 2018 als möglicherweise pathogen beschrieben. Mit der Identifizierung der beschriebenen Frameshift-Variante in der Familie ID-061 wurde nun bereits eine dritte Familie mit trunkierender TTC5-Variante identifiziert. Dieser Fakt, zusammen mit den stark überlappenden phänotypischen Ausprägungen der Erkrankungen der drei Familien, spricht stark für den pathogenen Effekt trunkierender TTC5-Varianten. SYNJ2 kodiert für Synpatojanin 2, einem Mitglied der Synaptojaninfamilie, welche Phosphoinosit 5-Phosphatasen umfasst, die eine Schlüsselrolle in der Clathrin-vermittelten Endozytose der synaptischen Vesikel an der Synapse spielen. Synaptojanine unterteilen sich in zwei Isoformen, Synaptojanin 1 und Synaptojanin 2. Synaptojanin 1 knock-out Maus-Modelle zeigten neurologische Defizite und starben kurz nach der Geburt. Die Rolle von SYNJ2 bei der Clathrin vermittelten Endozytose sowie die hohe Exprimierung des Proteins im Gehirn spricht stark für die pathogene Wirkung biallelischer trunkierender Varianten im SYNJ2-Gen. Insgesamt konnte in 20 Familien die genetische Ursache ihrer Erkrankung geklärt und dabei zwei neue Gene für Entwicklungsverzögerung und Intelligenzminderung identifiziert werden. Die Ergebnisse sind mit denen der aktuellen Literatur vergleichbar. Weiterführende funktionelle Studien sind notwendig zur Charakterisierung der beiden Kandidatengene und auch die Identifizierung weiterer betroffener Familien mit Mutationen in den beschriebenen Kandidatengenen würde deren Rolle als Ursache der Erkrankung bestärken.

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